Wer wie ich unseren heimischen Rotfuchs liebt, kann sicherlich auch dem Polarfuchs oder Eisfuchs, wie er auch genannt wird, nicht lange widerstehen. Er ist ein wenig kleiner als sein Cousin und lebt in den nördlichen Polarregionen. Er ist sowohl in Nordeuropa (Skandinavien, Grönland, Spitzbergen und Island) als auch in Sibirien, Kanada und Alaska beheimatet. Besonders stark vertreten ist er auf der entlegenen isländischen Halbinsel Hornstradir – im Gegensatz zum Rest des Landes, darf er dort seit einigen Jahren nicht mehr gejagt werden, der rasch schwindende Bestand konnte sich wieder erholen und ist seither stabil.

Nach Island wollte ich ohnehin schon lange einmal, aber nach einigen Nachforschungen musste ich feststellen dass die Organisation einer Reise in den nördlichsten und entlegensten Teil der Westfjorde ein kompliziertes Unterfangen ist. Bootverbindungen existieren nur im Sommer, (außerhalb der Sommermonate ist der Zugang in das Natur-Reservat gesperrt), die nächsten Einkaufsmöglichkeiten sind in Isafjördur, das heißt man muß Proviant für den gesammten Aufenthalt mitnehmen und außer Zeltplätzen gibt es vor Ort fast keine Unterkünfte. Eigentlich bin ich Gruppenreisen bis jetzt immer recht skeptisch gegenübergestanden, aber unter den Umständen schien eine organisierte Fotoreise eine geeignetere Lösung. Außerdem war diese Reise für den Februar geplant, dann wenn der Polarfuchs noch sein schönstes Winterfell trägt und es als Alleinreisender nahezu unmöglich ist auf die Halbinsel zu gelangen.

Unser Heim für die nächsten 6 Tage ist ein typisches altes Bauernhaus mit einer unschlagbaren Aussicht über den Fjord.  Ende der 40iger Jahre haben die damaligen Bewohner ihr Anwesen verlassen, um in die Stadt zu ziehen, denn das Leben der Bauern in dieser abgeschiedenen Gegend war hart
Nach über 60 Jahren ist das kleine Haus nun aus seinem Dornröschenschlaf erweckt worden, seit einer umfangreichen Renovierung 2012 ist es wieder bewohnbar!
In Island hat der Polarfuchs außer dem Menschen keine natürlichen Feinde – und nachdem er hier in Hornstradir nicht gejagdt werden darf, ist er von Natur aus eher neugierig. Kaum sind wir am Strand angekommen schaut auch schon der erste Fuchs von der Schneewehe, die über dem Strand trohnt, auf uns herunter und beobachtet interessiert wie wir unser Gepäck vom Schlauchboot laden.

Heute ist unser erster ganzer Tag, in diesem verschneiten Paradis am Ende der Welt, wir haben Glück, die Sonne scheint und wir warten ungeduldig auf die ersten Polarfüchse in diesem unberührten Weiß. Die Nahrungssuche der Füchse ist stark an die Gezeiten gebunden und so hoffen wir die Füchse jeden Tag auf ihrem Weg zum Strand zu sehen.

In weiten Teilen seines Verbreitungsgebiets ernährt sich der Eisfuchs von Lemmingen und anderen kleinen Nagern, aber nachdem diese in Island so gut wie nicht vorkommen, mußte er sich anpassen. Im Frühling und Sommer frißt er hier hauptsächlich nistende Vögel und deren Eier, im Winter begnügt er sich mit dem was ihm das Meer bei Ebbe überlässt: Fische und Fischreste, gestrandete tote Robben, Larven oder Schalenweichtiere die sich in den Algen und zwischen den Steinen verstecken.

Um diese Jahreszeit geht die Sonne noch recht spät auf
Der Himmel steht in Flammen
In den ersten Morgenstunden rückt sich unser alter Rüde ins beste Licht
Und vom Strand klingt schon der sanfte Ruf der Eiderenten

Der Polarfuchs ist das einzige heimische Säugetier Islands, während der letzten Eiszeit konnte er über das gefrorene Packeis auf die sonst vom Festland abgeschnittene Insel wandern. Er hat ein außergewöhnlich dichtes und wärmendes Fell, so daß er problemlos Temperaturen bis zu -50° gut ertragen kann. Die behaarten, namensgebenden Fußsohlen tragen ebenfalls dazu bei. Außerdem besitzt er verhältnismäßig kurze Ohren und Beine und eine kurze Schnauze, was den Wärmeverlust weiter einschränkt. Wenn er schläft oder sich ausruht rollt er sich gerne zusammen und verhindert dadurch unnötigen Energieverlust.

Von wegen kalt!
Hier schläft man gut!

Unter den Wildhunden ist der Polarfuchs der einzige der die Farbe seines Fells den Jahreszeiten entsprechend wechselt. Oft sind Leute überrascht einen braunen Polarfuchs in einer Winterlandschaft zu sehen, denken doch viele daß er gerade im Winter seinen weißen Pelz trägt, wie auch der Schneehase, das Schneehuhn oder das Wiesel. In Wirklichkeit gibt es unter den Eisfüchsen zwei unterschiedliche Farbvarianten: der Weißfuchs, dessen Winterfell reinweiß ist und der im Sommer zu einer farblichen Mischung aus hellgrau, braun und weiß wechselt, und der Blaufuchs, der seine braune (manchmal blauschillernde, daher der Name) Farbe das ganze Jahr über beibehält. Im Gegensatz zu seinem restlichen Verbreitungsgebiet, in dem die blaue Form nur etwa 1 bis 5% des Gesammtbestands beträgt, gehören in Island 75 – 80 % dieser Farbvariante an. Der Weißfuchs ist hier hauptsächlich im Innland anzutreffen. Auch wenn er außer dem Menschen keine natürlichen Feinde auf der Insel hat, ist diese braune Form sicher eine Anpassung an die Küstenlandschaft, denn zwischen den von Algen bedeckten Steinstränden liefert die braune Farbe ein perfektes Tarnkleid.

Icognito zwischen den Algen
Perfektes Tarnkleid am Strand
Entweder man verjagt Konkurrenten…..
Auf Frühstückssuche
….oder man nimmst sie gelassen hin

Wir verbringen einen großen Teil des Tages in Gesellschaft der Füchse, denn die Wartezeiten zwischen den Gezeiten sind lang und die Füchse ruhen sich aus. Keine Energie verschwenden ist ihre Devise! Heute haben wir 5 verschiedene Füchse gesehen, das dem Revier ansässige Paar und ihre 3 halbwüchsigen Jungen aus dem letzten Sommer. Nicht schlecht für den Anfang!

Er behält uns im Auge
Die namensgebenden Fußsohlen
Auf einer heißen Spur
Winterflöhe
Was ist denn bloß dort drüben los?

Auch der heutige Tag verspricht schön zu werden. Wir stehen bereits in der Morgendämmerung bereit und müssen auch gar nicht lange warten bis sich ein erster Fuchs zeigt. Schließlich ist gerade Ebbe ! Selbst auf dem Weg zum Strand haben die Füchse immer die Nase am Boden, nichts entgeht ihnen. Wer weiß was unter dem Schnee versteckt sein könnte?

Im Morgengrauen des zweiten Tages, hier scheint ein 5-beiniger Fuchs vorbeigelaufen zu sein
Der revieransässige Rüde
Schnee stillt den Durst

Auf den Spuren des Weibchens?
Manchmal erinnert seine kurzhalsige Silhoutte eher an einen Vielfraß

Manchmal sind die Wartezeiten auch länger, aber trotz der Kälte die uns die Finger einfriert muss man ständig auf der Hut sein, denn die Füchse können schnell und unerwartet wie aus dem Nichts auftauchen. Oben auf der Schneewehe steht der Rüde, und schon taucht die Fähe neben ihm auf für einen ersten Annäherungsversuch. Beide fletschen die Zähne, die Fähe zeigt sich unterwürfig. Bald beginnt die Paarungszeit aber bis jetzt gehen die beiden alles andere als liebevoll mineinander um !

Diesen Winter haben wir ein besonderes Glück, denn die Jungen aus dem letzten Sommer sind noch nicht abgewandert um sich ein eigenes Revier zu suchen. Und so sehen wir die drei jeden Tag in unserem Tal. Mit dem Anbruch der Paarungszeit wird der Vater sein Revier gegenüber allen potentiellen Eindringlingen oder Konkurrenten verteidigen, auch gegen seinen eigenen Nachwuchs. Die drei jungen Füchse wissen dies genau und sobald sie ihn am Horizon entdecken verstecken sie sich blitzschnell. Aber sie sind waghalsiger als ihre Eltern und haben schnell erkannt daß sich ihr Vater in unserer Gegenwart nicht an sie herantraut. Und so streichen die Jungen regelmäßig um uns und das Haus herum.

An so manchem Morgen haben wir sogar einen Fuchs draußen unter dem Wohnzimmerfenster gefunden, denn dort sind sie zusätzlich vor dem eisigen Wind gut geschützt. Des öfteren habe ich mich gefragt was sie wohl von uns denken mögen. Auf jeden Fall haben sie schnell verstanden daß sie von diesen eigenartigen Zweibeinern nichts zu befürchten haben.

Die zwei Brüder unterwegs
Immmer auf der Hut
Flair(e) haben
Hasenfüßiger Fuchs

Gegen Ende des Nachmittags ziehen Wolken auf und der eisige Wind wird immer stärker. Ein Schneesturm ist im Anzug. Bis jetzt hatten wir mit dem sonnigen Wetter Glück und nun scheint auch noch unser zweiter Wunsch in Erfüllung zu gehen, nämlich der, die Polarfüchse im Schneegestöber zu fotografieren, um sie auch in den extremen Wetterbedingungen zu zeigen, denen sie im Winter regelmäßig ausgesetzt sind.

50 Shades of White

Aber am nächsten Tag bläst der Wind so stark (110 Stundenkilometer immerhin), daß wir nicht einmal vor die Tür können, geschweige denn fotografieren. Und die Füchse sind bei diesem Wetter auch in einem sicheren geschützten Versteck geblieben. Die Schneesturmfotos müssen bis zum nächsten Morgen warten. Heute hat sich der Wind etwas beruhigt, und wir haben es eilig die Füchse wiederzusehen. Nach einem Fastentag haben sie Hunger und machen sich auf dem Weg zum Strand hinunter. Ich muss immer wieder ihre Fähigkeit bewundern, den arktischen Verhältnissen den ganzen Winter lang zu trotzen. In dieser Jahreszeit sind Schneestürme, eisiger Wind und starke Minusgrade an der Tagesordnung und das Nahrungsangebot ist in der monatelang mit Schnee und Eis bedeckten Landschaft begrenzt. Nicht viele Tiere haben es geschafft sich an so extreme Wetterbedingungen anzupassen.

Auch wir gehen zum Strand hinunter, um ein paar Fotos zu machen. Wir scheinen die einzigen zu sein die unter der Kälte und dem eisigen Wind leiden. Weder Eiderenten, noch Kragenenten, Meerstrandläufer, oder Seehunde stören das Eis und die Kälte. Vielleicht ist dieses Wetter einfach nur gewöhnungsbedüftig? Unter diesen extremen Bedingungen ist schwer ein scharfes Foto zu schießen, mal abgesehen von den gefrorenen Fingern setzt sich der vom Wind umhergewirbelte Schnee ständig auf den Objektiven ab oder die Schneeflocken verhindern ein Scharfstellen. Starke Böhen werfen uns fast um, das macht selbst den Objektiven mit Bildstabilisator zu schaffen! Außerdem muß man aufpassen wo man hintritt, denn auf den nassen Steinen unter den Algen rutscht man sehr leicht aus. Die Meerstrandläufer sind nicht aus der Ruhe zu bringen und führen unermüdlich ihre Nahrungssuche im seichten schneebedeckten Uferwasser fort.

Gut getarnt
Eiderente (Weibchen)
Eiderente auf Nahrungssuche
Meerstrandläufer
Meerstrandläufer
Seehund
Eiderenten (Männchen mit Harem)
Kragenente
Meerstrandläufer
Meerstrandläufer

19. Februar : Heute ist unser letzter Tag. Am Nachmittag holt uns das Schiff daß uns nach Isafjördur zurückbringt. Ich habe überhaupt keine Lust dieses weiße Paradis schon wieder zu verlassen. Wir nützen die letzten Stunden um ein paar Stimmungsfotos zu machen. Die Wolkendecke ist aufgerissen und es schneit nicht mehr. Der Wind wirbelt zwar immer noch den Schnee durch die Luft, aber ein paar Sonnenstrahlen zaubern uns ein wunderschönes Licht in dem wir die Füchse fotografieren können. Meine liebsten Fotos habe ich an diesem Tag gemacht.

Zwei der Jungen führen uns spielerische Kämpfe um die Rangordnung vor. Sie sind nun schon fast erwachsen und werden bald das Tal, in dem sie aufgewachsen sind, verlassen um sich ein eigenes Revier zu erobern.

Abkürzung zum Strand
Fox knot
Ich bin der stärkere!
Zwei Brüder
Grrrrrr!
Vergiss es….
Allein gegen den Schnee
Einer der Jungen im Schneegestöber
Ausgestellt beim zweiten Internationalen Fotofestival Natura l’Oeil 2019 in Egletons (Corrèze)
Dust?

Das Schiff ist angekommen und wir sind gerade dabei unser Gepäck ins Schlauchboot zu laden. Mehrere Fahrten sind nötig um alle Passagiere und Gepäck zum Schiff zu bringen. Im Windschutz der Schneewehe die den Strand überragt hat sich einer der jungen Füchse zum schlafen eingerollt. Er beobachtet unser Treiben gelassen mit einem Auge und hebt schließlich leicht den Kopf als ob er sich verabschieden wollte….

Bis zum nächsten Mal……

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