Endlich hat die Brunftzeit der Hirsche begonnen! Ein Augenblick auf den ich jedes Jahr ungeduldig warte!

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25. September – Mein erster Ausflug

Ich komme noch vor sieben Uhr an, immer noch ist es stockdunkel. Wieder einmal hat sich der Wetterbericht getäuscht, eigentlich sollte es heute schön werden, aber stattdessen ist es stark bewölkt und es fällt ein feiner Nieselregen. Ich lausche in den Wald hinein – das schlechte Wetter scheint die Hirsche wenig zu stören, von allen Seiten höre ich ihre rauen Stimmen. Ich schlüpfe durch den Zaun in eine erste Wiese, am anderen Ende höre ich den Platzhirsch laut röhren, aber mit bloßem Auge sehe ich in der Finsternis rein gar nichts. Ich bleibe hinter der Hecke stehen und suche mit dem Fernglas den Waldrand ab. Da, etwa hundert Meter von mir entfernt, steht er, seine Umrisse kann ich nur schemenhaft ausmachen. Aber ich habe noch nicht einmal Zeit einen Anpirschversuch zu erwägen und schon ist er im Wald verschwunden. Der Wind weht zu mir herauf, er kann mich unmöglich gewittert haben. Vielleicht eine Hirschkuh im Wald hinter ihm? Ich gehe die Wiese hinauf zurück, es ist immer noch düster, die Nacht will dem Tag nicht weichen. In dem Feld unterhalb von mir jagt ein Fuchs. Unmöglich mich unbemerkt anzuschleichen, ich habe den Wind im Rücken, und außerdem bin ich heute nicht für ihn gekommen.

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Wieder einmal bin ich im Zauberwald. Alles um mich herum hat Augen und Ohren auf mich gerichtet, die Bäume, die Farne, sogar die Stechpalmen. Um die Bewohner dieses Waldes beobachten zu können muß man sich in diese Landschaft einfügen, darin versinken bis man eins mit ihr geworden ist. Und so warte ich geduldig, manchmal sehr lang, manchmal fast gar nicht. Im Zauberwald weiß man das nie.

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Auf Samtpfoten schleiche ich den Waldweg entlang, die letzten Tage hat es viel geregnet, das kommt mir jetzt zunutze. Ich höre sie, etwas weiter im Wald, sie sind mindestens zu viert. Unweit von einer Lichtung bleibe ich stehen und lausche. Sie sind ganz nah. Plötzlich bewegt sich etwas zwischen den mannshohen Farnen, ich sehe nur die hellen Geweihspitzen die sich langsam in meine Richtung bewegen. Zusammengekauert, und hinter meiner Kamera versteckt warte ich darauf daß er zwischen den Bäumen auftaucht. Auf meiner Höhe angekommen, keine12 Meter von mir entfernt, bleibt er stehen und schaut mich an, ganz offensichtlich wundert er sich über meine Erscheinung die vor kurzem noch nicht hier war.

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Er ist jetzt noch zu jung um auf dem Ball der großen Hirsche mitzutanzen, aber eines Tages wird auch er an der Reihe sein. Hin und her gerissen zwischen Mißtrauen und Neugierde zieht er es schließlich vor kein Risiko einzugehen und nach einem letzten Blick über seine Schulter sehe ich ihn langsam zwischen den Bäumen davontrollen. Es ist 8.10 und im Wald ist immer noch kaum Licht.

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Ich gehe etwas weiter und bleibe am Rande einer Lichtung hinter einem Baum stehen. Immer noch kann ich sie ganz nah hören, der Wind weht ihren Geruch zu mir herauf. Der unvergleichliche Duft der Hirsche…. Ein knackender Zweig veranlaßt mich zum anderen Ende der Lichtung zu schauen, ich entdecke einen Zwölfer der ganz offensichtlich aufgebracht in die Lichtung trabt. Den Kopf nach hinter gelegt röhrt er aus vollem Hals.

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Langsam bewegt er sich in meine Richtung, während er dabei mit seinem Geweih die Farne auf beiden Seiten fegt. Ich halte meinen Atem an, er ist nur noch wenige Meter entfernt von mir. Farnwedel im Geweih hängend schaut er in meine Richtung, zögert einige Sekunden.

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Schließlich zieht er an mir vorbei und wandert langsam die Lichtung hinauf. Er hat wichtige Beschäftigungen. Jetzt sehe ich nur noch die hellen Spitzen von seinem Geweih durch die hohen Farne gleiten. Ein zweiter Hirsch taucht auf, folgt ihm, aber die Farne sind so hoch daß ich ihn schnell aus dem Blick verliere. Der Wind wechselt die Richtung und es ist Zeit zu gehen, ich möchte nicht riskieren sie weiter zu stören, die heutigen Begegnungen waren schon Geschenk genug.

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2. Oktober – Geweihe im Wald

Noch ein grauer, trüber Tag mit mehr oder weniger starkem Nieselregen. Aber die Brunftzeit ist zu kurz um sich um das Wetter zu kümmern. Wer weiß , bis die Sonne wieder scheint ist sie womöglich schon vorbei!

Langsam gehe ich den Weg entlang, auf einem bunten, nassen Blätterteppich. Von weitem höre ich ein Röhren, alle paar Meter bleibe ich stehen und schaue mich um. Im Wald ist es düster, es ist schwer irgend etwas zwischen den Bäumen zu erkennen. Heute scheint der Wald leer. Am Ende vom Weg beziehe ich Position mit dem Rücken an einen Baum sitzend und warte. Nach einer Weile läßt meine Konzentration nach, ich bin fast am Einnicken, und plötzlich ist er da. Durch das Blättergestrüpp einer Stechpalme hindurch treffen sich unsere Blicke. Der Zehner Hirsch hat mich zwar wahrgenommen, aber nicht als Mensch identifiziert. Er hat ein markantes Gesicht, ich bin mir sicher daß wir uns noch nicht begegnet sind. Wenn man viel Zeit mit Rotwild verbringt, kommt unweigerlich der Augenblick ab dem man gewisse individuelle Hirsche wiedererkennt. Auf der Basis ihres Geweihs natürlich, aber auch aufgrund besonders ausgeprägter Gesichtszüge.

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Mehrere Minuten lang bleibt sein Blick in meine Richtung fixiert, ich wage es nicht mich zu bewegen. Endlich scheint er beruhigt, schreitet ein paar Schritte weiter, und beginnt hinter einem großen Strauch, nur wenige Meter entfernt von mir, laut zu röhren. Obwohl ich diesen mächtigen Brunftschrei schon so oft vernommen habe, geht er mir immer noch unter die Haut.

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Auf dem Rückweg durch einen kleinen Birkenhain läuft mir noch ein anderer Zehner über den Weg, und etwas weiter ein junger Hirsch und eine Hirschkuh.

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4. Oktober – Ein verführerisches Schauspiel

Ein leichter, unaufhörlicher Nieselregen und Gegenwind. Die Brunft hat ihren Höhepunkt erreicht. An einem Waldrand versteckt lausche ich der kräftigen Stimme auf der anderen Seite der Schneise. Das Gestrüpp versperrt mir die Sicht, aber allein seine Stimme zu hören ist beeindruckend. Die Stimme nähert sich, jetzt müßte er in der Mitte der Schneise sein. Endlich sehe ich ihn zwischen den Farnwedeln auftauchen.

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Mindestens zwei andere Hirsche antworten ihm in regelmäßigen Abständen. Ich habe das Gefühl daß sich die Lage zuspitzt. Plötzlich entdecke ich zwei Lauscher in den Farnen einige Meter vor mir. Eine Hirschkuh!

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Selbstverständlich bin ich nicht die einzige die sie bemerkt hat, der mächtige Zehner dem ich seit einiger Zeit zuhöre hat sie schon gewindet. Er nähert sich, versucht sie zu treiben, sie bleibt ungerührt. Ich bin bestens plaziert seine Annäherungsversuche mitzuerleben. Aber ganz offensichtlich ist die Dame noch nicht gewillt und nach einer viertel Stunde flüchtet sie in den Wald zurück, der Hirsch bleibt an ihren Fersen. Wenige Minuten später sehe ich ihn an seinen Platz zurückkehren, und er beginnt erneut zu röhren.

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Die Stimmen von weiter unten am Hang nähern sich. Mein Zehner röhrt lauter und lauter, dann sehe ich seine Geweihspitzen wie sie sich langsam in die Richtung seiner vermeintlichen Rivalen bewegen. Ich warte noch eine Weile, aber diesmal hat sich das Schauspiel weiterverlagert.

5. Oktober – Auf offenem Feld

Auch wenn ich die Art Stimmungsfotos auf denen man die Tiere eher erahnen kann als sie ganz zu sehen sehr gerne mag, beginnt meine Sammlung an Fotos von Geweihen ohne Hirsch etwas Überhand zu nehmen. Heute Abend habe ich deshalb beschlossen zur Abwechslung am Rande einer großen Kuhweide auf die Ankunft des Platzhirschen zu warten.

Ich muß mich auch gar nicht lange geduldenen bis er am oberen Ende der Wiese auftaucht. Von weitem beobachte ich wie er versucht das Kahlwildrudel um ihn herum zu behalten.

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Aber zu seinem Leidwesen scheinen ihm die Damen heute Abend gar nicht geneigt. Ein ohrenbetäubender Lärm läßt uns alles zusammenschrecken, ein Miltärflugzeug nähert sich und überquert im Tiefflug die Weide. Es fliegt so tief daß ich meine es würde jeden Augenblick die Baumwipfel streifen. Das Kahlwildrudel ist so aufgeschreckt daß es die Flucht ergreift. Und nicht in irgendeine Richtung sondern direkt auf mich zu, dicht gefolgt von dem Platzhirsch. Das Rotwildrudel überquert den Weg ohne mich zu sehen und verschwindet hinter der Hecke der Kuhweide auf der gegenüberliegenden Seite. Der Zwölfer ist jetzt sprachlos, er wagt es nicht ihnen auf den Brunftplatz von seinem Konkurrenten zu folgen. Er ist so nah daß allein sein Kopf mehr als formatfüllend ist. Langsam trottet er weg, verschnauft in der Mitte der Wiese und verschwindet schließlich hinter den Bäumen. Von der Weide gegenüber dringt jetzt der tiefe mächtige Brunftschrei des dortigen Plazthirschen herüber.

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Der Vierzehner der gerade das Kahlrudel des Nachbarn um sich geschart hat läßt sie nun nicht mehr aus den Augen. Aber die Hirschkühe, die sich mittlerweile wieder beruhigt haben, bleiben ungerührt und beginnen zu äsen. Röhr nur weiter…..

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Aber sie bleiben mißtrauisch und sichern in regelmäßigen Abständen. Ihr Sehvermögen ist dem des Rehs weit überlegen.

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6 Oktober -Tanz der Geweihe

Das Wetter ist immer noch genauso trüb, aber ich kann es nicht lassen in das Tal der Hirsche zurückzukehren. Mitten im Wald treffe ich auf einen Zehner Hirsch den ich bereits kenne. Er röhrt am Rand einer Lichtung, weitere tiefe Stimmen dringen vom anderen Ende zu mir herüber. Ich habe den Eindruck dort drüben erhitzen sich die Gemüter, aber ich bin zu weit weg und kann mich nicht bewegen ohne mich zu veraten.

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Ein geraume Zeit höre ich ihnen zu, dann bewegt sich mein Zehner in die Mitte des Kahlschlags. Kaum ist er dort angekommen taucht auch schon einer seiner Rivalen von gegenüber auf. Die Farne und der Ginster sind so hoch daß ich nur die Spitzen der Geweihe sehen kann. Die Choreografie der beiden ist beeindruckend, die zwei Geweihe schwimmen unwirklich wie tanzende Marionetten in einem Meer von Farnen. Von Zeit zu Zeit taucht eines der beiden ab und ich höre wie es die Stauden wild fegt und dann wieder auftaucht, die Stangen verziert mit abgerissenen Farnwedeln.

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Tanz der Geweihe
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Von dem Kampf selbst sehe ich gar nichts, denn alles spielt sich unter der Oberfläche des Farnmeeres ab. Aber es dauernt nicht lang bevor einer der beiden aufgibt und im Wald oberhalb der Lichtung verschwindet. Der zurückgebliebene Hirsch verkündet laut seinen Sieg und dann verschwindet auch er zwischen den Bäumen.

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Brunftschrei des Siegers

8. Oktober – Das Ende des Schauspiels naht

Am Rande meiner Lichtung höre ich den paar wenigen Hirschen zu, die in der Ferne röhren. Ich warte…. Etwas bewegt sich in den Farnen. Da ist er, der Hirsch den ich schon eine Zeitlang von weitem höre. Nach einer langen Pause beginnt er erneut. Erst ein wenig halbherzig, ob er wohl müde ist? Und dann als die anderen Hirsche rundherum nach und nach wieder zu röhren beginnen, findet auch er seine Stimme wieder. Leider sind die Stauden so hoch daß ich nur seine Geweihspitzen sehe. Er dreht sich mehrmals um sich selbst, stößt seinen Brunftschrei erst in die eine, dann in die andere Richtung. Gelegentlich erhasche ich einen Blick auf seinen Kopf zwischen den Zweigen. Ich stelle mir vor daß er heute morgen für mich alleine röhrt…… Eine knappe Stunde lang höre ich ihm zu, genieße diese kostbaren Augenblicke. Gelegentlich weht der Wind seinen Duft zu mir herauf, stärker und betörender als jedes Parfum. Bald ist die Brunft vorbei, die letzten Tage muß man genießen ! Etwas bewegt sich wenige Meter vor meinem Zwölfer, endlich eine willige Hirschkuh!

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Er hat sie schon entdeckt und beginnt ihr zu folgen. Am Waldrand, als die Hirschdame schon zwischen den Bäumen verschwunden ist, bleibt er kurz stehen und dreht sich um. Eine Sekunde lang schaut er in meine Richtung, dann ist er auch schon verschwunden, auf der Spur seiner Auserwählten.

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Ein letzter Blick….

11. Oktober – Alle schönen Dinge haben ein Ende…..

Bald wird wieder Ruhe einkehren im Zauberwald. Die Brunftzeit geht zu Ende, und ich höre kaum noch Hirsche röhren. Heute Abend wage ich einen letzten Versuch, danach werden sich die brunftmüden Hirsche zurückziehen um sich von den anstrengenden letzten Wochen zu erholen. Nach einem Monat intensiver Brunft in der die Hirsch kaumm Zeit zum äsen hatten werden sie sich bald zwei Hauptbeschäftigungen widmen können : Schlafen und fressen.

Ich warte am Rande der Lichtung in der Hoffnung ein letztes Mal seinen Blick zu treffen. Diesmal warte ich lange und schließlich ist es nicht der von mir erwartete Platzhirsch, sondern ein mir ebenfalls bekannter Zwölfer, den ich schon an mehreren verschiedenen Orten beobachten konnte. Ich hoffe daß ihm die langen Wege die er die letzten Wochen zurückgelegt hat wenigsten ermöglicht haben seine Gene an die nächste Generation weiterzugeben…..

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Mein letzter Hirsch in der Brunftzeit von 2019 ist ein alter Bekannter – über die vergangenen Wochen hat er weite Wege zurückgelegt, ich habe ihn an 3 verschiedenen Plätzen beobachten können.

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