Unser Aufenthalt in Kanada neigt sich dem Ende zu, Vancouver ist unsere letzte Station bevor wir die Heimreise antreten. Wir haben ein paar Tage eingeplant um die Kunst der Indianer Nordamerikas in den Museen zu bewundern, und auch ein zweiter “Whale-watching“ Ausflug darf natürlich auf gar keinen Fall fehlen. Die Wasserstraße von Georgia (Georgia Straight) ist bei Walbeobachtern sehr bekannt, nicht nur für die Buckelwale, sondern auch für ihre Resident-Populationen von Schwertwalen, auch Orcas genannt. Ich hoffe diese faszinierenden Tiere endlich bei unserer Tour zu Gesicht zu bekommen.

Buckelwale können anhand der Form und der Zeichnung ihrer Fluke identifiziert werden

Seehunde und Seesterne

Ganztagesausflüge werden hier offensichtlich nicht angeboten, wir haben deshalb eine morgentliche Tour auf einem Festrumpfschlauchboot (RIB) gebucht. Beim Verlassen des Hafens von Vancouver machen wir einen kleinen Umweg um bei den Seehunden vorbeizuschauen, die sich auf den kleinen felsigen Inselchen unweit der Küste die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Manche heben etwas neugierig den Kopf, sicher wundern sie sich was wir an ihnen so interessant finden.

Neugieriger Seehund

Die Fellfarbe des Seehunds weist große Variationen auf, es gibt sowohl braune, hellbraune, graubraune, wie auch graue und silbergraue Tiere. Alle haben mehr oder weniger stark ausgeprägte, über den Körper verteilte Flecken, die jedem Tier eigen sind. Unser Kapitän erklärt uns daß Seehunde seit eingen Jahren wieder öfter an der Küste anzutreffen sind, man kann sie regelmäßig bei Ebbe auf den Felsen beobachten.

Braun mit Flecken
Silbergrau mit Flecken
Graubraun
Silbergrau und mittlegrau

Ein kleines Nickerchen

Bei Ebbe sieht man auch die vielen farbigen Seesterne die sich an die vom Wasser freigelegten Felsen klammern. Ihr leuchtendes Purpurlila steht in starkem Kontrast zu den dezenten Farben der Felsen und Seehunde. Unser Kapitän erzählt uns daß die Seesterne vor einigen Jahren aus unerklärten Gründen ganz verschwunden waren, erst seit kurzem treten sie wieder in Massen auf.

Purpurfarbene Seesterne

Die Wale der Georgia Straight

Unser Schlauchboot gibt Gas, und nach gar nicht langer Zeit treffen wir auch schon unsere ersten Buckelwale.

2 Buckelwale nebeneinander, ihre Blaslöcher sind gut zu sehen

Im Gegensatz zu den Schwertwalen (Orcas), die zu den Zahnwalen (Odontoceti) gehören, zählen die Buckelwale zu den Bartenwalen (Mysticeti). Die sogenannten Barten, am Oberkiefer befestigte Hornplatten, wirken wie ein riesiger Filter der Nahrung aus den wieder ausgepressten Wassermassen zurückhält. Buckelwale fressen vor allem Krill und kleine Fische, deren Schwärme sie zusammen mit riesigen Wassermengen in ihren erweiterten Rachenraum einlassen.

Tauchvorbereitung
Buckelbildung beim Abtauchen

Buckewale sind sehr kluge und erfinderische Jäger und haben verschiedene komplexe Jagdtechniken entwickelt. Die originellste davon ist sicher das sogenannte “Bubblenet feeding“. Mehrere Tiere schwimmen schnell in immer kleiner werdenden Kreisen um einen Fischschwarm herum. Dabei lassen sie kleine Luftblasen austeigen, die auf die Fische wie ein visueller und akustischer Vorhang wirken, hinter dem sie eng aneinander gedrängt eingesperrt sind. Dann brauchen die Wale nur noch ihr großes Maul aufzumachen….. Leider haben wir ihre riesigen aufgesperrten Mäuler nicht an der Wasseroberfläche beobachten können, “unsere“ Wale haben ihre Nahrung diskret unter Wasser aufgenommen. Aber es war eindeutig erkennbar daß sie ihre Tauchgänge synchronisierten um die Fischschwärme in den Tiefen gemeinsam zu kompaktieren.

Nachdem der Buckelwal Mitte des 20, Jahrhunderts durch jahrhundertelange intensive Bejagung fast ausgerottet wurde, haben sich ihre Populationen dank dem weltweiten Fangverbot von 1966 bis heute wieder erholen können. Buckelwale sind von Natur aus neugierig und ihr interessantes Sozialverhalten sowie auch ihre akrobatischen Sprünge und Flipperklatschen haben sie zu einer der beliebtesten Whale-watching-Walarten gemacht. Leider waren “unsere“ Wale weder geneigt ganz aus dem Wasser zu springen, noch mit ihrer Fluke zu klatschen, aber wir haben dafür ihre Flipper gesehen, und ihre Fluke beim Abtauchen bewundern dürfen.

Ausgestreckter Flipper ….
….und auf’s Wasser geklatscht

Ich war sehr enttäuscht keine Schwertwale gesehen zu haben, aber anscheinend hat während unseres Aufenthalts kein einziger der Whale-watching Anbieter in der Georgia Straight Orcas gesichtet. Vor Ort hat man uns erklärt daß die nomadischen Schwertwalgruppen (transient orcas) die normalerweise um diese Jahreszeit schon angekommen sein müßten verspätet waren. Die ortstreuen Gruppen von Schwertwalen (residents) hingegen werden immer kleiner und seltener. Im Gegensatz zu den nomadischen Orcas die sich von Seehunden und anderen Meeressäugern ernähren, fressen die ortstreuen Tiere ausschließlich Fisch, inbesondere Lachse. Aber durch die schwindenden Lachsbestände aufgrund langjähriger Überfischung zusammen mit einer zunehmenden Verschutzung des Wassers fällt es den fischfressenden Orcas immer schwerer ausreichend Nahrung zu finden. Wissenschaftler nehmen an daß dies einer der Hauptgründe für die schwindenden Bestände der ortstreuen Schwertwalgruppen ist.

Wildes Vancouver

Unser letzter Tag in Kanada, heute wollen wir den über 400 Hektar großen Stanley Park, der angrenzend an die Innenstadt von Vancouver auf einer Halbinsel liegt, erkunden. Im Gegensatz zu vielen anderen Stadtparks wurde der Stanley Park nicht von Landschaftsarchitekten entworfen. Zwar erinnern die Uferpromenade die den Park umschließt und auch die Schwimmbäder und Spielplätze an typische Stadtparks, aber der größte Teil, mit seinen tausenden von Bäumen, viele davon mehrere hundert Jahre alt, ist er auch heute noch so wild und naturbelassen wie im 19. Jahrhundert. Selbstverständlich reicht ein einziger Tag bei weitem nicht ein so riesiges Gelände zu entdecken, neben der Uferpromenade wäre es schön gewesen viel mehr Zeit im Inneren des Parks zu verbringen, aber wir haben auch in der kurzen Zeit viel gesehen. Möwen und Reiher sind relatif geläufig, aber die unerwartete Begegnung mit einer Waschbärfamilie war eine besonders nette Überraschung.

Kanadareiher
Kanadareiher
Kanadareiher
Beringmöwe mit Seestern
Der Seestern will einfach nicht ….
Kleine Verschnaufpause
Doch ein wenig zu groß….
Endlich!
Melanistische (schwarze) Form des Grauhörnchens

Auch wenn der Waschbär in manchen Gegenden von Frankreich relatif häufig anzutreffen ist, konnte ich ihn noch nie in freier Wildbahn beobachten. Als wir langsam am sumpfigen Ende eines großen Teichs entlangspazierten bewegte sich plötzlich etwas in den Stauden am gegenüberliegenden Ufer. Und schon erschien ein unverwechselbarer Kopf mit seiner schwarz-weißer Maske zwischen den Blättern. Mit der einen Hand an einem Ast hängend, den Schwanz in der Luft um das Gleichgewicht zu bewaren, versuchte der Waschbär ein paar letzte Brombeeren die über dem Wasser hingen zu erhaschen.

Brombeerenjagd

Plötzlich regt sich auch unter ihm etwas, ich konnte es kaum glauben, drei junge Waschbären schlüpften aus dem Schilf am Fußende eines Baumstammes der wie ein Steg das Teichende überbrückte.

Drei junge Waschbären beim Spielen

Sie hatten mich auch schon entdeckt, oder besser gesagt meinen Rucksack und zwei von ihnen machten sich auf den Weg um der Sache nachzugehen. Innerhalb von Sekunden waren die beiden neben meinem Rucksack, steckten ihre Nasen hinein und, offensichtlich enttäuscht, weil er nicht nach etwas Essbarem roch, waren sie auch schon wieder weg, so schnell wie sie gekommen waren. Selbstverständlich waren sie zu nah und zu flink um sie dabei zu fotografieren.

Zwei junge Waschbären schwimmen herüber um meinen Rucksack zu inspizieren

Dafür konnten wir sie lange Zeit beim Spielen und Plantschen im Wasser beobachten, bis sie schließlich im Schilf verschwanden.

Waschbärfamilie
Die Jungen sind sehr verspielt
Leider sind die weggeworfenen alten Plastikverpackungen als Speilzeug sehr beliebt
Die jungen Waschbären tauchen die Plastikfetzen wiederholt ins Wasser um es aufzuweichen …..

Wenn man diese drolligen verspielten Wollknäuel beobachtet kommt man nicht umhin sie begeistert ins Herz zu schließen und man vergißt leicht daß Waschbären sehr anpassungsfähige Allesfresser sind, die außerhalb ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets zahlreiche Probleme bereiten. Waschbären wurden in den 30iger Jahren hauptsächlich für Pelztierzuchten aber auch als Haustiere nach Europa eingeführt. Die aus Gehegen entkommenen oder ausgesetzten Tiere haben sich innerhalb weniger Jahrzehnte in weiten Teilen Europas rasant ausgebreiten können, denn sie sind sehr anpassungsfähig und natürliche Feinde haben sie in Europa keine. Seine zunehmenden Bestände stellen eine Gefahr für die biologische Vielfalt dar, inbesondere für verschiedene Vogelarten. Deshalb steht der Waschbär heute auf der Liste der invasiven Arten und die Berner Biodiversitäts-Konvention empfiehlt ihn stark zu bekämpfen. Ein trauriges Schicksal für ein eigentlich liebenswertes und schlaues Tier, das schließlich nichts dafür kann….

Alles meine Kanada Bilder könnt Ihr nach Themen sortiert auch in den Galerien anschauen

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