Nach einer langen, zweitägigen Fahrt durch den Westen Kanadas, erreichen wir endlich die Kleinstadt Jasper, unser Ausgangspunkt für den Besuch des gleichnamigen Nationalparks im Norden der kanadischen Rocky Mountains. Jasper ist wesentlich größer ist als ich erwartet habe und es wimmelt dort wahrlich von Touristen aller Länder. Über die nächsten Tage stellen wir fest daß die bekanntesten Sehenswürdigkeiten des Nationalparks nicht weniger überlaufen sind.

Maligne Lake und Spirit Island

An unserem ersten Tag fahren wir in Richtung Maligne Lake, einer der bekanntesten Seen des Parks und von Fotografen besonders geschätzt wegen seines türkisblauen Wassers inmitten von schneebedeckten Gipfeln.

Maligne Lake

Schwarzbär auf der Straße

Wir sind kaum ein paar Kilometer gefahren, als uns unser erster Bär über den Weg läuft! Ein Schwarzbär, ich bin begeistert! Er scheint nicht die geringste Angst zu haben, und schlendert ganz ruhig und entspannt die Straße entlang als ob er alleine wäre. Nachdem er ein paar Mal die Straße hin und her überquert hat ohne sich besonders um die Autos zu kümmern, verschwindet er schließlich in den Büschen am Straßenrand.

Schwarzbär auf der Straße

Ich bin verblüfft, der Bär hat uns kaum beachtet. Auch wenn die Bären ganz und gar nicht gefährlich wirken ist es strengstens verboten in ihrer Gegenwart das Auto zu verlassen um besser zu sehen oder gar Fotos zu machen. Ich habe versucht ein paar aus dem Fenster zu schießen, aber der Blickwinkel und der Hintergrund lassen zu wünschen übrig.

Unterwegs zum Maligne Lake machen wir einen kleinen Zwischenstop am Moose Lake (Elch See), ein wunderhübscher smaragdgrüner kleiner See mitten im Wald. Trotz seines vielversprechenden Namens sehe ich weit und breit keinen einzigen Elch…. Dabei träume ich doch schon seit so vielen Jahren davon diesen scheuen, eigenartigen Vertreter der Hirschfamilie mit seinem einzigartigen schaufelförmigen Geweih zu sehen. Die einzigen Elche die ich auf unseren beiden Reisen nach Norwegen gesehen habe waren die auf den Straßenschildern. Es mag ja sein daß sie die größten Geweihträger auf der Welt sind, aber deshalb sind sie noch lange nicht leicht zu finden.

Endlich ein Elch

Am späten Nachmittag, nach einer kleinen Bootsfahrt auf dem See zur bekannten Insel “Spirit Island“ machen wir uns auf den Heimweg. Als wir den Parkplatz verlassen sehe ich wie sich in den Büschen überhalb der Straße etwas bewegt. Noch bevor ich das Tier richtig gesehen habe weiß ich sofort was es ist, ein Elch!

Ich kann es kaum glauben, keine 50 oder 60 Meter von uns entfernt, auf dem Grasstreifen neben der Straße äst eine Elchkuh gemütlich mit ihrem Kalb.

Egal wie viele Bilder von Elchen man in seinem Leben betrachtet hat, die erste Begegnung mit diesem beeindruckendem Tier in der Natur bleibt ein unvergeßliches Erlebnis. Allein schon die Größe der Tiere ist spektakulär, und dann diese unglaublich lange Nase und die überlangen dünnen Beine, bei denen man sich fragt wie sie das Gewicht des Körpers tragen können, man hat fast den Eindruck sie würden auf Stelzen gehen.

Die beiden Elche scheinen weder beunruhigt noch beeindruckt von den vielen Paparazzis die sich aus ihren Autos stürzen um sie zu fotografieren. Sie äsen ruhig und gemütlich weiter und schlängeln sich dann langsam zwischen den Autos hindurch (ein Elch-Stau wie die Kanadier so schön sagen) auf die andere Straßenseite. Ich schaue ihnen zu wie sie in den Büschen zum Parkplatz verschwinden, ich kann es immer noch nicht ganz glauben daß wir sie wirklich gesehen haben. Mein letzter Eindruck der beiden Elche ist ein markerschütternder Schrei als die zwei im Parkplatz unten ankommen, eine Kind muß sich bei dem unerwartetem Anblick der beiden riesigen Tiere zu Tode erschreckt haben….

Der Fluch des Bergkiefernkäfers

Auf dem Rückweg bleiben wir kurz am Medecine Lake stehen um das Nest von einem Weißkopfseeadler zu bewundern. Der einzige Jungvogel ist schon fast flügge und er schreit ungeduldig weil er Hunger hat.

Der riesige, sicherlich sehr alte und schwere Horst ganz oben auf der Spitze einer vereinsamten abgestorbenen Kiefer am Seeufer schwankt beunruhigend im Wind. Ich frage mich wie er dort oben sein Gleichgewicht halten kann. Von dem Kiefernwald der früher um den Horstbaum herum stand und die umliegenden Hänge bedeckte ist nach einem weitflächigem Waldbrand vor ein paar Jahren nicht mehr viel übrig.

Die toten Stämme ragen dunkel und unheimlich in den Himmel, manche sind wie Streichhölzer abgeknickt, andere schon umgefallen. Erstaunlicherweise waren Waldbrände schon immer ein integraler Bestandteil der natürlichen Verjüngungstechnik der Kiefernwälder in den Rocky Mountains. Sie schränkten die Ausbreitung des gefürchteten Bergkiefernkäfers ein, halfen Samen zu verbreiten, nährten den Boden und schufen Lichtungen wo eine neue Generation von Bäumen heranwachsen konnte. Die mit einer dünnen Wachsschicht überzogenen Zapfen der häufigsten Baumart, der Drehkiefer, brauchen sogar das Feuer, denn sie öffnen sich nur bei starker Hitze um die feuerfesten Samen freizugeben. Wenn man die bewaldeten Hänge der Rocky Mountains genauer betrachtet fallen einem die vielen mehr oder weniger großflächigen rostbraunen Flecken in der dunkelgrünen Masse auf.

Diese rostbraunen Flächen bestehen aus Bäumen die nach einem Befall von Bergkieferenkäfern abgestorben sind. Die meisten sind schon so trocken daß ein Blitzschlag sie leicht in Brand setzen könnte. In dem natürlichen Verjüngungsprozess der Kiefernwälder passierte genau das. Aber eine jahrzehntelange wirkungsvolle Waldbrandbekämpfung sowie die durch den Klimawandel verursachten erhöhten Temperaturen haben eine massive Ausbreitung des Bergkiefernkäfers stark begünstigt und heute hat der Befall beispielslose Ausmaße erreicht. Der Bergkiefernkäfer ist keine eingeschleppte Art, er hat schon immer einzelne Bäume befallen, und es gab auch schon immer zyklische explosionsartige Massenbefälle, aber selbst diese blieben auf kleine Zonen begrenzt. Der Klimawandel begünstigt nicht nur die Vermehrung und Ausbreitung des Käfers, sondern durch die damit einhergehenden erhöhten Temperaturen und vermehrten Trockenphasen unterliegen die Bäume verstärkt Trockenstresssituationen und sind deshalb wesentlich anfälliger.

Der Wapiti der nicht mehr ins Bild passte…

In den Rocky Mountains gibt es verschiedene Vertreter der Hirschfamilie, unter anderem der weitverbreitete Wapiti und der etwas kleinere Weißwedelhirsch. Wir konnten beide beobachten, wenn auch die Wapitis öfter oder leichter zu sehen waren. In den Nationalparks werden sie nicht bejagt, und sie sind deshalb Menschen gegenüber wesentlich aufgeschlossener als ihre europäischen Verwandten. In Frankreich mußte ich ich noch nie einen Hirsch bitten sich weiter weg zu stellen weil er nicht mehr in den Bildausschnitt der Kamera passte.….

Wapitibulle – sein Geweih ist noch mit einer Basthaut überzogen
Wapitikuh
Wapititkuh mit zwei Kälbern
Wapitibulle
Weißwedelhirsch

Dickhornschafe und Schneeziegen, zwei symbolträchtige Tiere der Rocky Mountains

Die zwei anderen symbolträchtigen Tiere der Rocky Mountains sind das Dickhornschaf und die Schneeziege. Mit seinen großen dicken eingedrehten Hörnern erinnert mich das Dickhornschaf an den europäischen Mufflon. Man trifft sie relatif oft in Felsen unweit der Straße wo sie nach natürlichen Salzadern suchen. Auf diese Weise verursachen sie regelmäßig Staus wenn aufgeregte Touristen stehenbleiben um sie zu beobachten.

Dickhornschaf

Die Schneeziege hat wenig Ähnlichkeit mit den mir bekannten europäischen Hausziegen. Sie gehört zu der Unter-Familie der Caprinae, zu denen auch Schafe, Ziegen, Gämse und sogar Moschusochsen gehören. Mit ihrem dicken weißen Fell und ihrem kleinen Bart schaut sie recht exotisch aus.

Schneeziege

Die Schneeziege ist eine ausschließlich in Nordamerika heimische Art. Sie ist bestens an ein Leben in den Gebirgszonen angepasst und sucht bevorzugt Lebenräume mit steilen, felsigen Hängen auf, an denen sie vor Feinden gut Schutz findet. Trotz ihrem Namen gehört die Schneeziege nicht zur Gattung der eigentlichen Ziegen, zu denen auch die Hausziegen zählen (Capra), sondern ist der einzige heute noch vorkommende Vertreter der Gattung Oreamnos. Die Schneeziege sieht man eher selten und wir hatten das riesige Glück ihr gleich zweimal zu begegnen. Das Weibchen daß wir unweit der Straße im Osten des Nationalparks gesehen haben hatte sogar ein Junges bei sich.

Schneeziege mit Zicklein
Schneeziege mit Zicklein

Unsere zweite Begegnung mit einer Schneeziege hatten wir unweit der für Tierbeobachtungen relatif bekannten Fernstraße “Icefields Parkway“. Ein kleiner Picknickplatz als Ausgangspunkt für einen Spazierweg neben der Straße heißt vielversprechend ‚‚Gletscher und Ziegen“. Wir haben in den letzten Tagen schon so viele Informationstafeln gesehen mit Tieren die letztendlich nirgendwo zu sehen waren, daß ich nicht recht daran glauben kann. Aber Vater und Sohn wollen die Gletscher sehen, also ziehen wir los. Nach einem kurzen Marsch durch denn Wald kommen wir an einem Felsvorsprung an der wie ein natürlicher Balkon den Blick auf die in der Ferne liegenden Gletscher freigibt. Ein wunderschöner Aussichtsplatz. Ziegen sehe ich keine, aber ich weiß auch nicht recht wo ich nach ihnen suchen soll. In den Felsen unter uns, oder viel weiter weg, bei den Gletschern? Letztendlich ist es meine Nase die mich zu der Ziege führt, am einen Ende des Balkons riecht es eindeutig nach Ziegenbock. Die beiden Jungs machen sich über mich lustig, es mag zwar sein daß ich ein wenig taub bin, aber meine Nase hat mich noch nie im Stich gelassen….

Schneeziege

Massenweise Hörnchen

In Nordamerika gibt es eine ganze Reihe von verschiedenen Vertretern aus der Familie der Hörnchen. Während unseres Aufenthalts im Jasper Nationalpark haben wir drei verschiedene Arten kennengelernt, aus drei verschiedenen Gattungen. Obwohl es nicht sehr eng mit ihm verwandt ist, schaut das Rothörnchen dem europäischen Eichhörnchen recht ähnlich, nur ist es etwas kleiner.

Das Rothörnchen
Das Rothörnchen

Dann gibt es auch noch das Goldmantelziesel, ein Erdhörnchen und schließlich ein winziges Hörnchen, das Kleine Streifenhörchen. Auf unseren Wanderungen in den Wäldern haben wir Rothörnchen des öfteren gesehen. Die Goldmantelziesel hingegen scheinen steinigere Lebensräume zu bevorzugen, wir haben sie über der Baumgrenze, aber auch in Geröllfeldern in den Tälern unten gesehen.

Das Goldmantelziesel
Goldmantelziesel sind neugierig….
……und gar nicht scheu!
Eigenartig daß sich die Goldmantelziesel so karge Landschaften als Lebensraum suchen
Goldmantelziesel knabbert an einer leckeren Wurzel
Junges Goldmantelziesel

Das Kleine Streifenhörchen haben wir in verschiedenen Biotopen angetroffen, auf blühenden Bergwiesen, aber auch im Wald, bei unseren Spaziergängen.

Das Kleine Streifenhörnchen

Vögel der Rocky Mountains

Natürlich leben in den Rocky Mountains auch eine Vielzahl von unterschiedlichen Vögeln. Ein Großteil davon ist sicher in vielen Teilen Nordamerikas weit verbreitet, aber wenn man aus Europa kommt entdeckt man sie trotzdem das erste Mal.

Die Wanderdrossel
Die Winterammer
Der Meisenhäher
Die Winterammer
Der Kronenwaldsänger
Die Lincoln-Ammer
Der Horst von einem Weißkopfseeadler

Eines Morgens waren drei oder vier Falken über den Bahngleisen gegenüber von unserem Hotel aufgefallen. Sie schienen beim fliegen noch recht unbeholfen, es war sicher noch nicht lange her daß sie ihr Nest verlassen hatten. Zu weit und zu dunkel um sie richtig zu erkennen, dachte ich es müßte sich um Turmfalken handeln. Erst am nächsten Morgen als ich sie durch Zufall in einer Kiefer hinter dem Hotel sitzen sah wurde mir klar daß es sich um Merlin-Jungvögel handelte.

Junger Merlin
2 Merlin-Jungvögel

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